Spaghetti Polonaise

Klirr, klirr, Scherben bringen Glück. Gerade ist hinter dem Tresen ein Glas zu Bruch gegangen. Kehrgeräusche übertönen nur kurz die griechische Musik uns dem Radio. Ko schreibt Karten an Gise und Martin und an Astrid und Willi. Wunderschön ist es hier in der Taverne unter Orangenbäumen. Darüber blauer Himmel und Sonne. So wie es sich gehört im Urlaub. Unser Souvlaki und Gyros haben wir schon gegessen. Gerade kommt der griechische Kaffee. Original mit Eiswasser dazu. Und dann gibt’s noch Apfelscheiben mit Zimt und Erdbeersirup als Dreingabe und eine geschälte Orange. Gut geht’s uns hier. Jetzt nach drei Uhr nachmittags ist’s fast leer hier und sehr gemütlich wie immer. Wir kommen jeden Mittag hierher. Morgens baden wir im Meer und Mittags vor der Siesta geht’s zu unserem Griechen. Kleine Hühnerbabys laufen zwischen den Tischen herum. Neulich waren’s noch acht Stück. Hoffentlich sind’s immer noch so viele. Das Zählen fällt schwer bei diesem Gewusel. Ko isst hier immer Gyros und Tsaziki. Mir liegt mehr die Abwechslung. Auf der Karte steht neben all den bekannten griechischen Spezialitäten auch „Spaghetti Polonaise“. Noch habe ich mich nicht getraut das zu bestellen wegen dem Menschenauflauf zur Polonaise. Man sollte das wirklich mal zu einer Party veranstalten. Ko vorneweg mit der Spaghettischüssel die Polonaise anführend. Noch etwas hat mich bisher abgehalten diese Spezialität zu bestellen. Im griechischen Text heißt es so was wie Makaroni. Sind’s also am Ende gar keine Spaghetti ? Ob wir es je erfahren werden ? Die Hühner streiten sich um unsere Reisreste und eines hüpft Ko auf den Schoß. Hmm, Apfel und Zimt schmeckt wirklich gut! Ko hat inzwischen noch an Ilse und Eri geschrieben und meint gerade „Jetzt haben wir nur noch den Hans und Werner“ und schon schreibt sie wieder. Draußen steht unser gelbes Cabrio und wärmt sich auf in der Sonne. Vielleicht fahren wir heute Abend nochmals nach Rhodos-Stadt mit der sehr schönen Altstadt, der Festung und dem Hafen. Gestern Abend waren wir im größten Dorf hier in Arxangelos. Kaum Tourismus. Dennoch oder deswegen waren die Keramik-Teller wesentlich teurer als hier bei der allgegenwärtigen Konkurrenz. So jetzt schreibe ich noch die Anschriften auf die Karten, das ist meist mein Beitrag zum Kartenschreiben. Statt an Werner schreibt Ko jetzt an die Doris. An Franziska brauchen wir erst gar nicht zu schreiben. Die ist mit ihrem Peter gerade in Korea und gleich nach unserer Rückkehr sehen wir uns sowieso weil sie Geburtstag hat an unserem Rückfahrtag. Also ja, bisher waren wir hier auf der Insel schon im schönen Rhodos und in Lindos mit seiner Akropolis und dem wunderschönen, malerischen Hafen. Ja und auch in der ausgegrabenen alten Stadt Kamiros im Westteil der Insel. Alte Griechen vor 2500 Jahren haben auf einen Hügel eine Stadt gestellt mit vielen Tempeln, Häusern, mit Stadion, Wasserversorgung und Abwasserableitung. Zweihundert Jahre wohnten sie dort bis ein Erdbeben sie vertrieb. „Zahlen“ ruft Ko und jetzt kommt die bescheidene Rechnung und noch zwei Ouzo dazu. Und wir fahren zurück zum Hotel zur Siesta. Überraschenderweise gab’s auch noch zwei Orangen als Zugabe und Ko meint wir könnten doch gleich etwas ´rumfahren zumal es schon vier Uhr sei. Also doch keine Siesta heute. –
So , jetzt ist es Mittwoch und natürlich sitzen wir wieder hier bei „unserem Griechen“. Auch heute bestelle ich keine Spaghetti Polonaise die auf griechisch „Makaroni koma“ heißt, natürlich in griechischen Buchstaben geschrieben. Vielleicht fällt man ins Koma nach der Polonaise ? Heute nehmen wir beide das Gyros. Gestern waren wir so drauflos gefahren, entdeckten irgendwo ein Schild „Butterflys“, dachten sofort an Kishon und folgten diesem. Natürlich glaubten wir irgendwo hier in der Nähe wären die Schmetterlinge. Also wir sehen den ganzen Nachmittag über alles mögliche, sogar eine kleine Eidechse aber keine Schmetterlinge. Nach vielen, vielen Windungen auf verschiedenen Straßen mit teilweise wunderschönem Ausblick kamen wir tatsächlich ins Tal der Schmetterlinge, stapften tapfer tausend Stufen hoch, über schwankende Stege und reißende Wasser, sahen sehr alte Bäume und wilde Felsen, hatten natürlich den Foto vergessen, malten aber Aquarelle des Tals und der Bäume, aber Schmetterlinge, wie gesagt, sahen wir keine. Heute ist es richtig warm, sehr heiß sogar obwohl doch erst Ende Mai ist. Die CD die wir immer beim Griechen hören ist von Nikos Kurkulis und heißt „Meine Nacht im Paradies“ oder so . Die Nummer drei sei das Beste darauf, sagt der Wirt. Das spielt er jetzt für uns. Eine Orange hat er auch schon gebracht, dann folgt der griechische Kaffee und der Ouzo. So kann man es aushalten im Urlaub,
oder ?
Rhodos, Mai 2000
Nachtrag:
Die CD ist noch immer im Auto, wir hören sie oft.